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EuGH-Urteil bringt Klarheit über die Unterbrechung von Verwirkungsfristen

Susanna Heurung

10. Oktober 2022

Susanna Heurung von Maiwald befasst sich mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Hemmung der Verwirkungsfrist in einem Markenrechtsstreit und was dies für potenzielle Klägerinnen und Kläger bedeutet.

In einem aktuellen Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine Unterlassungserklärung Verwirkungsfristen hemmen kann (EuGH GRUR 2022, 986 – HEITEC). Dies soll nach Ansicht des EuGHs nur bei Maßnahmen und Abmahnungen der Fall sein, die auf eine rechtsverbindliche Lösung abzielen und mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden sind.

Der Sachverhalt

In diesem Urteil ging es um einen Rechtsstreit zwischen der HEITEC AG als Klägerin und der HEITECH Promotion GmbH als Beklagte, in dem die HEITEC AG als Inhaberin der älteren Marke von der HEITECH Promotion GmbH die Unterlassung der Verwendung der Unternehmensmarke HEITECH Promotion GmbH und der Verwendung von Marken mit dem Wortbestandteil „heitech“ verlangte.

Nach einer erfolglosen Abmahnung ließ sich die HEITEC AG dreieinhalb Jahre Zeit, um eine Klage einzureichen, die der Beklagten aufgrund diverser Formfehler erst eineinhalb Jahre nach Klageerhebung zugestellt worden ist. Das Verfahren ging bis zum Bundesgerichtshof (BGH), der zu klären hatte, ob die HEITEC AG für die Verwirkung nach § 21 I, II MarkenG haftet, da sie die jüngere Marke fünf Jahre lang geduldet hatte, obwohl sie sie kannte.

Entscheidend war daher, welche Anforderungen an Maßnahmen zu stellen sind, die eine solche Duldung und damit Verwirkung unterbrechen können. Diese Frage wurde dem EuGH vorgelegt.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH hat in seinem Urteil klargestellt, dass nur solche Maßnahmen die sogenannte Duldung beenden können, bei denen die ernsthafte Absicht, die Rechtsverletzung zu beenden, eindeutig erkennbar ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn ein verwaltungsrechtlicher oder gerichtlicher Rechtsbehelf eingelegt wird. Allerdings fehlt es auch hier ausnahmsweise an der Ernsthaftigkeit, wenn die Einlegung eines solchen Rechtsmittels mangelhaft ist und diese Mängel nicht rechtzeitig behoben werden.

Auch eine Abmahnung kann die Duldung beenden. Bleibt die Abmahnung jedoch erfolglos, fehlt es auch hier an der hinreichenden Ernsthaftigkeit, wenn nicht zeitnah weitere mögliche Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung ergriffen werden.

Wann eine Klage zu erheben ist

Künftig können nur solche Maßnahmen eine Unterlassungserklärung beenden, die zeitnah (und formgerecht) ergriffen werden, sofern kein Zweifel an ihrer Ernsthaftigkeit besteht. Bleibt eine Abmahnung erfolglos, müssen zeitnah weitere Maßnahmen folgen, wobei der EuGH nur eindeutig darauf hinweist, dass in jedem Fall die Einlegung eines behördlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs ausreichend ist.

Es ist daher ratsam, unmittelbar nach erfolglosem Ablauf einer in der Abmahnung gesetzten Frist Klage zu erheben, um Ernsthaftigkeit zu signalisieren und eine Verwirkung zu verhindern. Das wiederholte Versenden von Abmahnungen, ohne nach Ablauf der in den Abmahnungen gesetzten Fristen weitere Schritte zu unternehmen, ist nicht zielführend. Die Einreichung einer Klage muss wiederum geeignet sein, die Duldung zu beenden.

Der Kläger sollte daher alles tun, um eine schnelle Zustellung an den Beklagten zu erreichen. Die bloße Einreichung einer Klage zum Schein zur Fristverlängerung, ohne Einhaltung der Formvorschriften oder ohne zeitnahe Fehlerkorrektur, kann nach diesem Urteil die Beendigung der Duldung nicht bewirken.

Dieser Text entstammt einer Pressemitteilung von Managing IP. Die Volltextversion des Artikels finden Sie hier.

Die Originalversion stammt aus dem Blogbeitrag „Keine Unterbrechung von Verwirkungs­fristen bei nachlässiger Rechtsverfolgung“ von Susanna Heurung.