Wenngleich die arzneimittelrechtliche Marktexklusivität bei sog. „orphan drugs“ (Arzneimittel für seltene Leiden) und der verwandte nicht-indikationsbezogene Unterlagen- und Vermarktungsschutz einen zentralen Baustein für die Gewährleistung eines Investitions- und Innovationsschutzes in der Pharmabranche darstellen, ist bislang nicht geklärt, wie und gegen wen der Erstzulassungsinhaber diese Rechte gegebenenfalls geltend machen kann. Als erstes deutsches Gericht hat sich am 4.8.2023 das LG München I in seiner Entscheidung „Eculizumab“ (21 O 6235/23) mit der Rechtsnatur der regulatorischen Marktexklusivität bei „orphan drugs“ befasst und diese als sonstiges Recht iSd § 823 I BGB eingeordnet. Das Münchner Landgericht bejahte daraufhin einen zivilrechtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB analog. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten lehnte das OLG München nunmehr diese Qualifizierung ab und hob mit Urteil vom 1.2.2024 (6 U 3303/23e) die einstweilige Verfügung des LG München I auf. Im nachstehende Teil 2 werden zunächst die beiden Münchener Entscheidungen vor- und die unterschiedlichen Rechtsauffassungen des LG München I und des OLG München gegenübergestellt. Im letzten Teil des Aufsatzes wird ein Ausblick auf die Konsequenzen der Entscheidung des OLG München für den nicht indikationsbezogenen Unterlagenschutz bei der Zulassung und der Vermarktung von Generika gegeben.