Verlängerter Patentschutz für Arzneimittelhersteller
Rechtssicherheit für alle EU-Mitgliedsländer in Aussicht
Maiwald erwirkt Vorlage beim Europäischen Gerichtshof. Entscheidung fällt voraussichtlich 2019.
Das Bundespatentgericht (BPatG) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Anmeldung für ein ergänzendes Schutzzertifikat zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Initiative geht auf eine Beschwerde der Maiwald Patentanwalts GmbH, München, für die Royalty Pharma, New York, zurück. „Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof könnte Rechtssicherheit für Pharmaunternehmen in allen EU-Mitgliedsstaaten bringen“, sagt Dirk Bühler, Patentanwalt und Partner bei Maiwald in München, der das Urteil in 2019 erwartet. Dirk Bühler betreut gemeinsam mit Patentanwältin Annelie Wünsche, Maiwald, den Fall.
Verlängerung des Grundpatents aus Deutschland unklar
Das Grundpatent geht auf eine Erfindung aus Deutschland zurück, die Grundlage für die Gründung der Firma ProBiodrug war. Später erwarb die Royalty Pharma, die Mandantin der Münchner Patentanwälte, das Patent. Das Patent schützt einen neuen Therapieansatz, um Diabetes mellitus mit sogenannten DPIV-Inhibitoren zu behandeln, die auch als Gliptine bezeichnet werden. Aufgrund dieser Bedeutung haben Merck Sharp&Dohme, Novartis, Boehringer Ingelheim und Takeda das Patent lizensiert. Die Unternehmen vermarkten die Wirkstoffe Sitagliptin, Vildagliptin, Linagliptin und Saxagliptin. Im Dezember 2015 hat Royalty Pharma für den Wirkstoff Sitagliptin ein ergänzendes Schutzzertifikat, auch Supplementary Protection Certificate (SPC) genannt, beantragt, um die Laufzeit des Grundpatents zu verlängern. Dieser Wirkstoff wurde nach der Patentanmeldung entwickelt und ist folglich nicht explizit im Grundpatent benannt. Deshalb ist unklar, ob das Bundespatentgericht ein ergänzendes Schutzzertifikat gewähren kann. „Hier scheiden sich die Geister und die Rechtsprechung weicht in den Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Union voneinander ab“, erläutert Annelie Wünsche.
Klarheit für die Pharmaindustrie in Europa
„Für die Pharmaindustrie in Europa sind derzeit viele Fragen im Kontext mit den ergänzenden Schutzzertifikaten offen“, kommentiert Dirk Bühler. Er ist davon überzeugt, dass die EuGH-Entscheidung die langerwünschte Klarheit bringen kann. „Für Arzneimittelhersteller wäre es von großem Vorteil zu wissen, wie genau ein Wirkstoff im Grundpatent erwähnt sein muss, um ein ergänzendes Schutzzertifikat zu erlangen“, vertieft er. Diese Frage sei vor allem für junge Start-ups wichtig: „Solche „early movers“ tragen mit ihren Erfindungen häufig entscheidend dazu bei, neue Therapieformen zu entwickeln. Sie verfügen aber selbst nicht über ausreichende Mittel, um ein komplettes Zulassungsverfahren zu betreiben. „Eine patentinhaberfreundliche Position, wie sie von den englischen Gerichten vertreten wird“, schildert Annelie Wünsche, „ist für diese Firmen wichtig, um weiterhin in Forschung zu investieren.“
Schutzzertifikate gleichen Wartezeiten bis zur Marktzulassung aus
Dank ergänzender Schutzzertifikate oder Supplementary Protection Certificates (SPC) verlängern Arzneimittelhersteller Patentschutz um maximal fünfeinhalb Jahre. Das Zertifikat erweitert nicht das Patent an sich. Es schützt innerhalb des Schutzbereiches des Grundpatents bereits zugelassene Wirkstoffe, deren Erforschung in der Regel sehr aufwändig und kostenintensiv ist. So setzt sich der Gesetzgeber mit den SPC dafür ein, den Patentinhabern die wirtschaftlich verlorene Zeit zwischen der Patentanmeldung und der Marktzulassung auszugleichen.