Seit einiger Zeit wird immer wieder angeprangert, dass die Effizienzstrategie des Europäischen Patentamts zu einem Rückgang der Patentqualität führt. In einem offenen Brief an den derzeitigen Präsidenten Benoît Battistelli und seinen designierten Nachfolger António Campinos fordern die Kanzleien nun zum Handeln auf.
Die Anwaltskanzleien Grünecker, Hoffmann Eitle, Maiwald und Vossius & Partner haben aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Qualität des Patenterteilungsverfahrens einen offenen Brief an den derzeitigen Präsidenten des EPA, Battistelli, und den Nachfolger Campinos gerichtet. Das Schreiben richtete sich auch an den Vorsitzenden des Verwaltungsrats, Christoph Ernst, und den Hauptgeschäftsführer für Nutzersupport und Qualitätsmanagement, Niclas Morey.
Die vier Anwaltskanzleien, die hinter dem Schreiben stehen, gehören zu den wichtigsten europäischen Patentrechtsgesellschaften. Sie vertreten nach eigenen Angaben mehr als 9.500 der rund 166.000 jährlich beim EPA eingereichten Anmeldungen. Zu den Mandanten gehören zahlreiche internationale Unternehmen aus der Pharma- und Mobilfunkindustrie, wobei alle vier Kanzleien ein breites technisches Spektrum betreuen.
„Seit einigen Jahren verfolgen wir mit großer Sorge die Entwicklungen im Europäischen Patentamt“, schreiben die Firmen. In dem Schreiben heißt es weiter, dass das neue Prämiensystem für die Prüfung von Patentanmeldungen und die internen Richtlinien schnelle Verfahren zu belohnen scheinen und zu einer höheren Produktivität führen.
Die Zahl der Patentanmeldungen stieg im vergangenen Jahr um 3,9%. Hoffmann Eitle & Co. begrüßen zwar die „erhöhte durchschnittliche Verfahrensgeschwindigkeit“, sind aber auch der Ansicht, dass der Wunsch nach hoher Produktivität zu Problemen bei Patentprüfungen und damit zu schlechterer Qualität geführt hat. Hoffmann Eitle & Co. kritisieren die Patentprüfer dafür, sich zu wenig Zeit für einzelne Anmeldungen zu nehmen, und erklären, dass die Gebühren des EPA im internationalen Vergleich zu hoch sind.
Die Kanzleien äußern zudem Besorgnis darüber, dass ein Mangel an ordnungsgemäßen Verfahren zu Patenten mit unrechtmäßigem Schutzumfang und Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Wirtschaftsraums der 38 EPA-Staaten führen könnte. Darüber hinaus könnten Patentinhaber Patente nicht mehr vollständig gegen Wettbewerber durchsetzen.
Schließlich befürchten Hoffmann Eitle & Co., dass das EPA für seine Mandanten an Attraktivität verlieren könnte, was wiederum Auswirkungen auf das europäische Patentsystem haben könnte.
Indirekt fordern die vier Anwaltskanzleien angesichts des Finanzüberschusses des EPA eine Senkung der Gebühren. Da das System selbstfinanziert betrieben wird, ist eine weitere Steigerung der Produktivität nicht sinnvoll. Die Kanzleien empfehlen dem EPA-Management die Einführung eines neuen Bonussystems für Patentprüfer. Dadurch dürfte die hohe Qualität der Recherchen und Prüfungen, für die das EPA vor den jüngsten Reformen bekannt war, wiederhergestellt werden.
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