Artikel aus dem Maiwald Blog

Alle Einträge ansehen

Zum Entwurf des neuen Lieferkettengesetzes: Mehr Schutz der Menschenrechte, aber mehr Pflichten für Unternehmen

Am 15. Februar 2021 wurde er nach einer Einigung zwischen dem Wirtschafts- und dem Arbeitsministerium veröffentlicht und am 3. März 2021 vom Bundeskabinett beschlossen: Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten.

Kurz zusammengefasst verpflichtet der Entwurf die betroffenen Unternehmen, alle angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der Menschenrechte in der Lieferkette sicherzustellen. Dies erfolgt durch ein entsprechendes Risikomanagement, das neben einer Risikoanalyse auch das Ergreifen angemessener Präventions- und Abhilfemaßnahmen umfasst, und zwar nicht nur bezogen auf den eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens, sondern auch bzgl. seiner unmittelbaren und unter bestimmten Voraussetzungen sogar seiner mittelbaren Zulieferer. Teil der Präventionsmaßnahmen sind u.a. die Verabschiedung und Umsetzung einer Menschenrechtsstrategie sowie Beschaffungsprozesse und -regeln zur Vermeidung von Menschenrechtsrisiken. Die Einhaltung der Menschenrechte muss auch in das Vertragsverhältnis mit unmittelbaren Zulieferern einbezogen werden.

Ähnlich wie bei der EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern, sieht das geplante Lieferkettengesetz die Schaffung eines unternehmensinternen Beschwerdeverfahren vor, also eine Möglichkeit für Dritte, auf menschenrechtliche Risiken oder Verletzungen hinzuweisen.

Besonders in der Kritik stand und steht das Recht von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen, Rechtsverletzungen nach diesem Gesetz im Wege der Prozessstandschaft gerichtlich geltend zu machen.

Im Falle eines Verstoßes kann das betroffene Unternehme von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden und mit einer Geldbuße belegt werden.

Verpflichtet sollen die neuen Regelungen für Unternehmen mit Hauptverwaltung, Hauptniederlassung oder Sitz in Deutschland und zunächst mit mehr als 3.000 Arbeitnehmern gelten, ab dem 1. Januar 2024 wird diese Schwelle dann auf 1.000 Arbeitnehmer herabgesetzt.

Gemäß der Begründung des Referentenentwurfs würden „kleine und mittlere Unternehmen […] durch das Vorhaben nicht belastet“. Dabei übersieht der Referentenentwurf, dass die Unternehmen bei Kenntniserlangung einer Verletzung an irgendeiner Stelle der Lieferkette zum Ergreifen von Maßnahmen verpflichtet sind. Es ist deshalb zu erwarten, dass die Pflichten in der Lieferkette durchgereicht werden bis ins letzte Glied und damit auch auf kleine und mittlere Unternehmen übertragen werden.

Sämtliche Unternehmen sollten deshalb zeitnah die gesetzlich vorgeschriebene Risikoanalyse vornehmen, um rechtzeitig (mit einer Verabschiedung ist noch vor der Sommerpause zu rechnen) angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Dabei ist in einem ersten Schritt von entscheidender Bedeutung, die entsprechenden Risiken überhaupt zu erkennen. Laut Begründung des Referentenentwurfs kann z.B. die kurzfristige Reduzierung von Lieferfristen dazu führen, dass der Zulieferer nicht mehr ohne Verstoß gegen Kernvorschriften der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu vertragskonformer Lieferung in der Lage ist, weshalb diese kurzfristige Änderung des Lieferdatums als mittelbare Verursachung einer Menschenrechtsverletzung angesehen wird. Eine sorgfältige und umfassende Risikoanalyse als Basis der Präventionsmaßnahmen ist deshalb zur Reduzierung des Risikos aus dem Lieferkettengesetz unabdingbar.

Die Beiträge im Maiwald-Blog stellen lediglich einen Überblick zu aktuellen rechtlichen Themen, Gesetzgebungsvorhaben sowie Rechtsprechung dar und dienen der allgemeinen Information und ersetzen keinesfalls eine konkrete Beratung im Einzelfall. Wenn Sie Fragen zu den hier angesprochenen oder anderen Themen und Rechtsgebieten haben, steht Ihnen Ihr persönlicher Ansprechpartner bei Maiwald oder der jeweils im Beitrag genannte Verfasser gerne jederzeit zur Verfügung.

Kontakt aufnehmen

Autoren

Elke Wurster

Partner

Rechtsanwältin

Maîtrise en droit international

Zertifizierter Compliance Officer (Univ.)