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Transparenzverordnung – Erhebliche Änderung im EU-Lebensmittelrecht

Die neue Transparenzverordnung wurde am 6. September 2019 im Amtsblatt veröffentlicht und gilt seit dem 27. März 2021.

In den vergangenen Jahren wurde von der Europäischen Bürgerinitiative Druck auf die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hinsichtlich der Art und Weise, wie sie Risikobewertungen in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit durchführt, ausgeübt, was schließlich zur Einführung der Verordnung (EU) Nr. 2019/1381 („Verordnung“) geführt hat.

Bereiche der Änderung und betroffene Stoffe

Mit dieser neuen Verordnung werden die Verordnung (EU) 178/2002 über das allgemeine Lebensmittelrecht sowie acht sektorale Rechtsakte geändert, die in bestimmten Bereichen der Lebensmittelkette gelten: Gentechnisch veränderte Organismen (Anbau und Verwendung in Lebens- und Futtermitteln), Futtermittelzusatzstoffe, Raucharomen, Lebensmittelkontaktmaterialien,  Lebensmittelzusatzstoffe, Lebensmittelenzyme und Aromen, Pflanzenschutzmittel und Neuartige Lebensmittel.

Die zentralen Bereiche sind 1. Größere Transparenz, 2. größere Unabhängigkeit wissenschaftlicher Studien 3. Gestärkte Governance der EFSA und wissenschaftliche Zusammenarbeit 4. Umfassendere und effektivere Risikokommunikation.  

Die Verordnung betrifft alle Anträge auf Einfuhrtoleranzen und Rückstandshöchstmengen sowie Neuzulassungen und Verlängerungen.

Veröffentlichung von Studien

Mit der Verordnung soll die EFSA verpflichtet werden, Studien der Industrie zu Beginn des Risikobewertungsprozesses zu veröffentlichen. Wie in einem Artikel der Autorin in MIP 2019 angesprochen, wirft die Verpflichtung jedoch eine Reihe von Bedenken auf, ob die Erhöhung der Transparenz wichtiger ist als die Wahrung der Vertraulichkeit der Forschung und der  ausreichende Schutz des geistigen Eigentums.

Mögliche Auswirkungen auf die Vertraulichkeit

Die Fokussierung auf den Risikobewertungsprozess und seine Zugänglichkeit für europäische Bürger ist ein neuer Meilenstein für die Transparenz innerhalb der EU-Risikobewertungsprozesse, aber auch eine Herausforderung für die Innovation. Dies ist insbesondere mit Blick auf die Strategie für Innovation und den neuen Aktionsplan der Kommission zum geistigen Eigentum (IP) kritisch zu sehen. Es hat den Anschein, dass die Kommission die Innovation im Bereich der Pharmazeutika und der Life Sciences vorantreibt, während sie im Bereich des Lebensmittelrechts einen starken Fokus auf Transparenz legt. Vertrauliche Informationen werden nur in hinreichend begründeten Fällen geschützt, Ansprüche auf vertrauliche Behandlung von Informationen werden von der EFSA geprüft. Grundsätzlich gilt jedoch, dass alle Studien und Informationen, die einen Antrag betreffen, automatisch zu veröffentlichen sind, wenn ein Antrag validiert oder für zulässig befunden wird, in der sehr frühen Phase des Risikobewertungsprozesses. Unternehmen müssen daher ein Ersuchen um vertrauliche Behandlung der Daten stellen, um den Schutz von Studiendaten/Know-How etc. zu gewährleisten. Die sektoralen Verordnungen werden einzeln insoweit geändert als nun ein Ersuchen um vertrauliche Behandlung erforderlich ist, da sonst alle Daten im frühen Stadium veröffentlicht werden.

Zusätzlich zur Verordnung sind die Praktischen Regelungen ein verbindliches Mittel zur Auslegung und Umsetzung des von der Verordnung vorgegebenen Rechtsrahmens. Sie legen die Einzelheiten für die Durchführung der erforderlichen Prozesse fest und bestimmen, wie die Verordnung von der EFSA angewendet wird.

Neue regulatorische Änderungen bringen immer wieder Herausforderungen mit sich. Maiwald unterstützt Mandanten in Bezug auf den Rahmen der europäischen pharmazeutischen und chemischen Vorschriften.

Die Beiträge im Maiwald-Blog stellen lediglich einen Überblick zu aktuellen rechtlichen Themen, Gesetzgebungsvorhaben sowie Rechtsprechung dar und dienen der allgemeinen Information und ersetzen keinesfalls eine konkrete Beratung im Einzelfall. Wenn Sie Fragen zu den hier angesprochenen oder anderen Themen und Rechtsgebieten haben, steht Ihnen Ihr persönlicher Ansprechpartner bei Maiwald oder der jeweils im Beitrag genannte Verfasser gerne jederzeit zur Verfügung.

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Autoren

Dr. Gisela Grabow

Counsel

Lawyer (England/Wales)