In dem Einspruchsbeschwerdeverfahren „T1286/23.3.2.04“ beabsichtigt die Kammer 3.2.4 von der Entscheidung G3/04 abzuweichen und stellt damit eine entsprechende Vorlagefrage an die Große Beschwerdekammer in Aussicht.
Fraglich ist für die Kammer, ob ein Beschwerdeverfahren nach Rücknahme der Beschwerde durch den einzigen Beschwerdeführer (hier: Einsprechender) mit einem Beitretenden zum Beschwerdeverfahren gem. Art. 105 EPÜ („Beitritt des vermeintlichen Patentverletzers“) weitergeführt werden kann.
Hintergrund:
Nach gängiger Rechtsprechung beendet eine Rücknahme der Beschwerde durch den einzigen Beschwerdeführer das Verfahren, da ein Beitretender allenfalls eine unselbstständige Beteiligtenstellung innehat (siehe G3/04). Die Kammer 3.2.4 hat nun vor hiervon abzuweichen.
Im vorliegenden Fall hat der Beitretende bereits in erster Instanz versucht dem Einspruchsverfahren beizutreten. Der Beitritt wurde von der Einspruchsabteilung jedoch abschließend als unzulässig zurückgewiesen. Das Patent wurde im erstinstanzlichen Verfahren im Umfang des Hilfsantrags 1 aufrechterhalten.
Gegen die Aufrechterhaltung legte der (einzige) Einsprechende Beschwerde ein. Auch der Beitretende beantragte – jedoch nach Ablauf der Beschwerdefrist – dem Verfahren erneut beizutreten und legte ebenfalls Beschwerde ein und beantragte den vollumfänglichen Widerruf des Patents.
Im Anschluss zog die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde zurück, was gemäß der G3/04 eigentlich eine Beendigung des Verfahrens zur Folge hätte.
Die Beschwerdekammer vertritt nun die vorläufige Auffassung, dass das Beschwerdeverfahren nicht beendet sei, sondern vielmehr mit dem Beitretenden als (neuem) Beschwerdeführer fortgesetzt werden müsse. Sie begründet dies in der vorläufigen Auffassung damit, dass die Bedingungen für einen Beitritt allein durch Artikel 105 EPÜ bestimmt werden, welcher die Zulässigkeit des Beitritts und damit die Teilnahme am Verfahren lediglich an ein rechtliches Interesse („legal interest“) des Beitretenden aufgrund eines parallelen Verletzungsverfahrens oder einer negativen Feststellungsklage knüpft. Dieses rechtliche Interesse „ersetze“ andere im EPÜ definierte Bedingungen, die eigentlich für die Zulässigkeit gelten. So würde auch die in Art. 107 EPÜ definierte Bedingung, dass nur Verfahrensbeteiligte, die durch eine (erstinstanzliche) Entscheidung beschwert sind, Beschwerde einlegen können, durch das rechtliche Interesse aus Art. 105 EPÜ „ersetzt“. Demnach wäre, nach Auffassung der Kammer, das Beschwerdeverfahren eigentlich mit dem Beitretendem fortzuführen.
Eine Entscheidung über die Zulässigkeit der – eigentlich verspäteten – Beschwerde der Beitretenden lässt die Kammer vorerst offen, da zunächst die Frage geklärt werden solle, ob das Verfahren grundsätzlich weitergeführt werden kann oder nicht.