Worüber seit einigen Wochen Einigkeit besteht und was bereits in der Sitzung des Verwaltungsausschusses des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) am 2. Juni 2023 bestätigt wurde, hat nun auch „offiziell“ Eingang in das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht (EPGÜ) gefunden:
Die Zentralkammer des EPG wird neben ihrem Hauptsitz in Paris und der Abteilung in München zum 27. Juni 2024 eine weitere Abteilung in Mailand erhalten.
Hintergrund: Nachdem das Vereinigte Königreich zuerst die EU verlassen und infolgedessen am 20. Juli 2020 auch seine Ratifikation des EPGÜ widerrufen hat, entfiel der ursprünglich geplante und in Art. 7 (2) EPGÜ benannte weitere Standort der Zentralkammer in London. Als weitere Konsequenz mussten die in Anhang II des EPGÜ ausdrücklich vorgesehenen technischen Zuständigkeiten der Londoner Abteilung vorübergehend zwischen Paris und München aufgeteilt werden mit der Folge, dass seit dem 1. Juni 2023 bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine neue Abteilung der Zentralkammer Paris zusätzlich für Patente der IPC-Klasse A und München zusätzlich für Patente der IPC-Klasse C zuständig ist. Italien hatte bereits im September 2020 seine Kandidatur für eine neue Abteilung der Zentralkammer in Mailand unterbreitet.
In erster Revision des EPGÜ hat der Verwaltungsausschuss des EPG, ermächtigt durch Art. 87 (2) EPGÜ, in seiner Sitzung am 26. Juni 2023 beschlossen, Art. 7 (2) EPGÜ sowie Anhang II des EPGÜ wie folgt anzupassen:
Zukünftig werden die Fälle vor der Zentralkammer also wie folgt verteilt:
- Die Zuständigkeit der zukünftigen Mailänder Abteilung der Zentralkammer wird – im Vergleich zu London etwas reduziert – Patente der IPC-Klasse A umfassen.
- Neben der Zuständigkeit für Patente der IPC-Klasse F wird der Abteilung in München dauerhaft die Zuständigkeit für Patente der IPC-Klasse C übertragen.
- Neben der bereits bestehenden Zuständigkeit für Patente der übrigen IPC-Klassen wird in Paris eine neue, gesonderte Zuständigkeit für ergänzende Schutzzertifikate der Klassen A und C begründet.
Der o.g. Beschluss und die damit verbundenen Änderungen des EPGÜ werden allerdings erst nach Ablauf von 12 Monaten wirksam. So lange können die Vertragsmitgliedstaaten gemäß Art. 87 (3) EPGÜ erklären, dass sie durch diesen Beschluss nicht gebunden sein wollen. Die notwendigen, aber auch zeitaufwändigen Vorbereitungen für die Einrichtung der neuen Abteilung der Zentralkammer in Mailand werden jedoch sinnvollerweise bereits jetzt eingeleitet, um mit dem erwarteten Inkrafttreten des Beschlusses Ende Juni 2024 eine reibungslose Arbeitsaufnahme in Mailand zu gewährleisten.