Das Oberlandesgericht München (OLG München) folgt nun der Praxis des OLG Düsseldorf und des OLG Karlsruhe beim Erlass von einstweiligen Verfügungen wegen Patentverletzung.
Künftig wird es daher schwieriger sein, eine einstweilige Verfügung wegen Patentverletzung zu erwirken.
In der Regel muss der Kläger im einstweiligen Verfügungsverfahren nachweisen, dass keine ernsthaften Zweifel an der Validität des Patents bestehen. In der Vergangenheit haben die Oberlandesgerichte unterschiedliche Maßstäbe für die Annahme der Rechtsbeständigkeit eines Patents angewandt.
Nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Karlsruhe konnte der Patentinhaber (zumindest in der Regel) nur dann eine einstweilige Verfügung erwirken, wenn die Gültigkeit des Patents im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren geprüft worden war.
Die Münchner Richter waren bisher patentinhaberfreundlicher und haben festgelegt, dass es ausreicht, wenn der Patentinhaber nachweist, dass ein Validitätsangriff gegen das Patent wahrscheinlich nicht erfolgreich sein wird. Es war daher nicht notwendig, dass die Validität des Patents in einem zweiseitigen Verfahren angefochten und bestätigt wurde.
In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat das OLG München (Urteil vom 12. Dezember 2019, Az. 6 U 4009/19) ausdrücklich erklärt, dass es diese Praxis aufgegeben hat und es stattdessen bezüglich des Erlasses von einstweiligen Verfügungen von nun an der Praxis des OLG Düsseldorf und des OLG Karlsruhe folgt.
Dadurch verringert sich die Chance der Patentinhaber, ihre Patente im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens durchzusetzen. Ist das verletzte Schutzrecht nicht Gegenstand eines Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens gewesen, so konnte der Patentinhaber bisher noch hoffen, zumindest die Richter in München davon zu überzeugen, dass die Rechtsbeständigkeit des Patents dennoch auf andere Weise ausreichend gewährleistet ist. Nachdem das OLG München nun die Linie der anderen Oberlandesgerichte Düsseldorf und Karlsruhe übernommen hat, sind die Chancen, eine einstweilige Verfügung auf der Grundlage eines nicht angegriffenen und bestätigten Patents zu erlangen, zumindest eher gering geworden.
Einerseits führt die jüngste Entscheidung des OLG München zu mehr Rechtssicherheit, da nun alle wichtigen Oberlandesgerichte bei der Beurteilung, ob die Validität eines Patents als hinreichend gesichert angesehen werden kann um ein einstweiliges Verfügungsverfahren zu ermöglichen, die gleichen Grundsätze anwenden. Andererseits macht die einheitliche Rechtsprechung das „forum shopping“ für den Patentinhaber weniger attraktiv und verringert die Chancen der Patentinhaber, ihre Ansprüche basierend auf Patenten, die bisher nicht im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren angefochten wurden, im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens durchzusetzen. In gewisser Weise ist der Patentinhaber dadurch auf einen Dritten angewiesen, der sein Patent angreift. Denn erst nachdem das Patent einen solchen Angriff überlebt hat, kann es als solide Basis für die Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens genutzt werden.