In der Nacht vom 26.05.2021 gab der Schweizer Bundesrat bekannt, dass er die Verhandlungen mit der EU zum Institutionellen Rahmenabkommen abgebrochen habe. Für den Medizinproduktesektor hat dies Auswirkungen auf den Handel zwischen der EU und der Schweiz, welche nunmehr als Drittstaat „zurückgestuft“ und behandelt werden wird.
Zwischen der EU und der Schweiz besteht seit langem das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (MRA) als eines der wichtigsten Abkommen zwischen der EU und der Schweiz, das den bilateralen Handel in einer Reihe von Schlüsselbereichen erleichtert. Da es im Wesentlichen den einheitlichen Marktzugang und die dynamische Angleichung an EU-Vorschriften regelt und diese den Kern des seit 2014 verhandelten Institutionellen Rahmenabkommens zwischen der EU und der Schweiz bilden, fällt das MRA in dessen Geltungsbereich. Aus Sicht der EU erscheint eine Aktualisierung des MRA ohne eine gleichzeitige Einigung über das Institutionelle Rahmenabkommen nicht möglich.
Da am 26.05.2021 die neue Medizinprodukteverordnung der EU vollständig in Kraft getreten ist und diese in großen Teilen nicht im bestehenden MRA enthalten ist, gelten bis zu einer Einigung über die Änderung des MRA einige dort enthaltene Handelserleichterungen nicht mehr. Darunter fällt insbesondere die gegenseitige Anerkennung der Ergebnisse der Konformitätsbewertung, der Verzicht auf einen Bevollmächtigten und die Angleichung der technischen Vorschriften.
Folgende Punkte sollten daher in Zukunft beachtet werden:
- Für alle neuen Produkte werden die Schweizer Hersteller wie alle anderen Hersteller aus Drittländern behandelt, die ihre Produkte auf dem EU-Markt in Verkehr bringen wollen. Insbesondere müssen neue Schweizer Produkte mit mittlerem und hohem Risiko von Konformitätsbewertungsstellen mit Sitz in der EU zertifiziert werden.
- Bestehende Bescheinigungen, die unter dem MRA von Konformitätsbewertungsstellen mit Sitz in der Schweiz ausgestellt wurden, werden in der EU nicht mehr als gültig anerkannt.
- Für bestehende Bescheinigungen, die im Rahmen des MRA von Konformitätsbewertungsstellen mit Sitz in der EU ausgestellt wurden, müssen Schweizer Hersteller und Hersteller aus Drittländern, deren Bevollmächtigter zuvor in der Schweiz ansässig war, einen in der EU ansässigen Bevollmächtigten benennen.
- Am 19. Mai 2021 verabschiedete der Schweizer Bundesrat eine Änderung der Schweizer Medizinprodukteverordnung, die die Bedingungen für den Handel mit Medizinprodukten, die von in der EU ausgestellten Zertifikaten abgedeckt werden, auf dem Schweizer Markt festlegt. Dies beinhaltet die Anerkennung bestehender Zertifikate, die unter dem MRA von in der EU ansässigen Konformitätsbewertungsstellen ausgestellt wurden, sowie Übergangsfristen für die Benennung eines Vertreters in der Schweiz für EU/EWR-Hersteller von Medizinprodukten.