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EU-Verordnung über klinische Prüfungen anwendbar – was ist in Bezug auf geistiges Eigentum relevant?

Die Verordnung über klinische Prüfungen ist seit dem 31. Januar 2022 vollständig anwendbar. Sie hat den Anspruch, ein vorteilhaftes Umfeld für klinische Forschung in großem Maßstab in der EU zu gewährleisten, mit hohen Standards für öffentliche Transparenz und Sicherheit für Teilnehmer von klinischen Prüfungen.

Am 31. Januar 2022 hob die Verordnung die Richtlinie (EG) Nr. 2001/20/EG über klinische Prüfungen und die nationalen Umsetzungsvorschriften in den EU-Mitgliedstaaten auf, die klinische Prüfungen in der EU regelte.

Wenngleich die Verordnung am 16. Juni 2014 in Kraft trat, hing der Zeitpunkt ihrer Anwendung von der Entwicklung eines funktionierenden EU-Portals und einer Datenbank für klinische Prüfungen ab, die vom Management Board der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) genehmigt wurden.

Harmonisierung und zentralisierte Prozesse

Die Verordnung verbessert die Harmonisierung der Vorschriften für die Durchführung klinischer Prüfungen in der EU mittels eines Genehmigungsverfahrens, das auf einer einzigen Einreichung über ein einziges EU-Portal CTIS basiert, einem Bewertungsverfahren, das zu einer einzigen Entscheidung führt, und somit zu einem effizienteren Verfahren für die Einreichung und Bewertung klinischer Prüfungen.  Mit der Verordnung wird auch eine neue Kategorie von Studien eingeführt: minimalinterventionelle Studien mit vereinfachter risikoadäquater Überwachung und Sicherheitsberichterstattung. Das zentralisierte Verfahren wird es Pharmaunternehmen erheblich erleichtern, multinationale klinische Prüfungen durchzuführen.

Offenlegungspflichten

Auf der anderen Seite legt die Verordnung Offenlegungspflichten fest. Für die Industrie bergen solche Transparenzstandards das Risiko eines geringeren Schutzes des geistigen Eigentums, wie in unserem MIP-Artikel zur EU IP Strategy dargelegt. Die Sponsoren aller klinischen Prüfungen müssen innerhalb eines Jahres nach Beendigung der klinischen Prüfung in allen betroffenen Mitgliedstaaten Zusammenfassungen der Ergebnisse der klinischen Prüfung vorlegen, welche dann öffentlich zugänglich gemacht werden. Zum Vergleich: Unter der EMA-Policy 0070 wurden die klinischen Daten (Überblick, klinische Zusammenfassungen und klinische Studienberichte) und der anonymisierte Bericht veröffentlicht. Nach der Verordnung werden alle prüfungsbezogenen Informationen, die während des Lebenszyklus einer klinischen Prüfung anfallen (z. B. Prüfplan, Bewertung und Entscheidung über die Durchführung der Prüfung, Zusammenfassung der Prüfungsergebnisse, Studienberichte, Inspektionen), veröffentlicht.

Die Auswirkungen der neuen Anforderungen sollten von Unternehmen in der Pharma- und Biotech-Branche bei der Suche nach dem „idealen“ Zeitpunkt für die Einreichung von Patentanmeldungen im Entwicklungsprozess berücksichtigt werden. Zwar hängt die Relevanz der vorgeschriebenen Offenlegungen (und die Frage, ob eine Erfindung dadurch möglicherweise nicht patentierbar wird) vom jeweiligen Kontext ab, doch ist ein gewisser technischer Hintergrund immer Teil der Offenlegung. Der Zugang zu den Informationen kann nur eingeschränkt werden, um personenbezogene Daten, vertrauliche Geschäftsinformationen (es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Offenlegung), vertrauliche Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten bezüglich ihrer Bewertung oder die Überwachung klinischer Prüfungen durch die Mitgliedstaaten zu schützen.

Zeitplan der Verordnung

– 31. Januar 2022 bis 31. Januar 2023: Sponsoren können klinische Prüfungen im Rahmen der Verordnung einreichen, müssen dies aber noch nicht, es gilt dann die Richtlinie.

– Ab dem 31. Januar 2023: alle Anträge auf klinische Prüfungen unterliegen der Verordnung. Prüfungen, die vor dem 31. Januar 2023 nach der aufgehobenen Richtlinie genehmigt wurden, können jedoch bis zum 31. Januar 2025 weiterhin nach der Richtlinie geregelt werden.

– Ab 31. Januar 2025: alle klinischen Prüfungen unterliegen der Verordnung.

Die Beiträge im Maiwald-Blog stellen lediglich einen Überblick zu aktuellen rechtlichen Themen, Gesetzgebungsvorhaben sowie Rechtsprechung dar und dienen der allgemeinen Information und ersetzen keinesfalls eine konkrete Beratung im Einzelfall. Wenn Sie Fragen zu den hier angesprochenen oder anderen Themen und Rechtsgebieten haben, steht Ihnen Ihr persönlicher Ansprechpartner bei Maiwald oder der jeweils im Beitrag genannte Verfasser gerne jederzeit zur Verfügung.

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Autoren

Dr. Gisela Grabow

Counsel

Lawyer (England/Wales)